
DIE LIGA DER GEWÖHNLICHEN GENTLEMEN
Warum denn „Egg Benedict“? Ja, warum denn nicht? Vielleicht weil’s gut klingt? Darum. Um tieferen Sinn dürfen sich gerne andere ab- und bemühen. Und warum eigentlich „Egg Benedict“ und nicht „Eggs Benedict“? Egal, zu spät. Ist schon im Presswerk, die Platte. Einfach mal Fünfe gerade sein lassen. So ist ja auch die Liga, das ist Musik für Leute, die auch mal Fünfe gerade sein lassen.
Hat doch außerdem auch das Zeug zum Klassiker, der Titel. Je länger man drüber nachdenkt: Ist nicht der Sound der Liga eventuell die Entsprechung zum Eiergericht, quasi ein bunt zusammengewürfeltes, musikalisches Katerfrühstück? Zudem zergeht der Titel auf der Zunge. „Nach ‚Gschichterln aus dem Park Café‘ veröffentlicht DLDGG nun ihren neuesten Longplayer ‚Egg Benedict‘!“ könnte es aus dem Radio schallen. Das hat doch Gesicht.
„Hör mir mit den Eiern auf!“ Na gut, also: Vom Guten, vom Wahren und vom Schönen handelt auch dieses Liga-Album, von Kinos, Sommer, Bud Spencers Lebensmotto, Hedy Lamarr, Partys und Gewerkschaften. Die Liga selbst neigt ja zur Tiefstapelei, „zwölftbeste Band West-Hamburgs“ und so ein Quatsch. Wie öde wäre Musicland hier ohne die fünf Gewöhnlichen? „Egg Benedict“ ist ein musikalischer Film Noir in Bunt, ein Dienstag in Dur, Agit-Pop zum Tanzen auf Schloss Mühlenhof. Wer den DLDGG-Mischmasch aus DIY-Northern-Soul, (Indie-)Pop, 60s und was auch immer, den mit Horns, Banjo, Flöten, Sitar und Kinderinstrumenten angereicherten Wide-Eyed-Gitarren-Pop bisher mochte, wird ihn jetzt lieben. Ziel der Liga war und ist es immer, dass jeder Albumtrack auch eine Single sein kann. Auf „Egg Benedict“ haben sie es eigentlich geschafft.
Und warum ist da Inspektor Clouseau von der Sûreté auf dem Eier-Cover? Einfach nur weil’s cool ist oder hat das einen tieferen Sinn? Natürlich weil er cool ist. Aber vielleicht steckt in der Liga und ihrem Pop doch ein tieferer Sinn, den man auf Anhieb nicht entdeckt, weil die so schlau sind? Muss man selber herausfinden.
Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen, vulgo DLDGG, 2012 aus den Ruinen der verblichenen Superpunk entstanden, bestechen auf ihren nun sieben regulären Alben (plus einer Best Of) mit ihrer Version von Popmusik, an der sie mit einer erfrischenden Sturheit festhalten. Beherzt setzen sie sich seitdem zwischen alle Stühle. Beseelt von der Idee des ursprünglichen Punk (man muss kein Virtuose sein, um tolle Musik zu machen), veröffentlichen sie seit Jahren großartige Popsongs, stark beeinflusst von den drei großen „M“s (Madness, Motown, Modern Lovers). Mit einer herzerfrischenden Kompromisslosigkeit umarmen und zementieren sie ihren Außenseiterstatus gleichermaßen. Auf Anbiederung an den Zeitgeist zwecks Erfolgsmaximierung haben sie entweder keine Lust oder, was auch sein kann, da haben sie einfach noch nicht drüber nachgedacht.
Erfrischend weit weg ist DLDGG vom zeitgenössischem Staatstheater- und Feuilletonrock, welcher hierzulande so beliebt ist. Immer wenn ein neues Liga-Album erscheint ist es so, als würde in einer etwas vermufften Wohnung am ersten warmen Frühlingstag das Fenster geöffnet werden und eine herrlich leichte Brise weht herein.
Photocredit: Bernd Jonkmanns